10. November 2006

Marke vs. Produkt

von Nicolas Kittner

Heute in der Marketingvorlesung ist es mir das erste Mal aufgefallen: die Begriffe Marke und Produkt werden oft durcheinander gebracht.

Fangen wir also an mit Wikipedia. Das definiert: “Nach Kotler und Armstrong ist ein Produkt alles was in einem Markt zum Gebrauch oder Verbrauch angeboten werden kann, das einen Wunsch oder ein Bedürfnis befriedigt.” Und: “Eine Marke bezeichnet in diesem Zusammenhang die „selbstähnliche Reproduktion eines Musters“, wobei das Muster aus Werten, Farben, Symbolen, Sicherheitsaspekten und Prozessen besteht. Eine selbstähnliche Reproduktion stellt keine hundertprozentige Kopie dar, sondern kann variieren.”

Die Trennung ist also eigentlich deutlich: das Produkt ist etwas Konkretes, das auf einem Markt ein Bedürfnis befriedigt, eine Marke dagegen ein abstraktes Konstrukt, das auf einem sich wiederholendem Muster beruht. In unserer Konsumgesellschaft ist jedes Produkt auch eine Marke. Das Produkt stellt sich durch die Marke dar, indem es eine Identität schafft, die aus visuellen, emotionalen und kognitiven Elemten besteht.

Beispiel Apple: das Produkt sind Computer und Elektronikgeräte. Die Marke aber ist viel mehr. Sie ist eine Identität, die Attribute wie Qualität, einfache Bedienung und Sicherheit (kognitiv), Design (visuell), Luxus und Coolness (emotional) vereint. Die Marke vermittelt all diese Werte. Wir erkennen also das oben beschriebene Muster wieder, wenn wir einen Mac oder das Apfel-Logo sehen und assoziieren die Markenattribute mit dem Produkt.

Das Beispiel Apple ist ein positives, da ein gutes Produkt durch eine noch bessere Marke im Markt “vertreten” wird. Es gibt aber auch das Beispiel eines guten Produktes mit einer schwachen Marke. So ein Produkt ist zum Beispiel das Handelsblatt. Diese Tageszeitung ist qualitativ hochwertig, gut geschrieben und bietet umfassende Informationen aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen. Aber die Marke Handelsblatt represäntiert die hohe Produktqualität nicht ausreichend. Die Marke wird in Verbindung gebracht mit Attributen wie langweilig, trocken, alt und mäßig spannend (spreche da hauptsächlich für mich, aber ich weiß aus Gesprächen, dass es vielen Leuten in meinem Umfeld ähnlich geht). In diesem Fall liegt das Problem nicht am Produkt, denn das ist gut. Das Problem ist die Marke, also das “Muster aus Werten, Farben, Symbolen, Sicherheitsaspekten und Prozessen”. Dieses Muster müsste also mit neuen Attributen besetzt werden. Doch so eine Veränderung ist sehr kompliziert und langwierig, da das alte Muster gelernt ist und es sehr schwierig ist, es durch ein neues Muster zu ersetzen. Mann kann ein neues Logo entwickeln das Corporate Design hübscher machen, aber die Marke ist mehr als nur das. Denn vor allem die emotionalen Aspekte einer Marke laufen bei uns Kunden unterbewusst ab und somit nur sehr schwer zu beeinflussen.

Und schließlich gibt es noch eine dritte Gruppe: bei denen ist das Produkt schlecht, aber durch enorm hohe Kommunikationsintensität wird ein positives Markenbild erzeugt. Aber solche Produkte können nur eine begrenzte Zeit am Markt überleben, da die Diskrepanz zwischen Produktqualität und Markenidentität beim Konsumenten zur kognitiven Dissonanz führt (geiler Begriff), also Erwartungen an ein Produkt (erzeugt durch die Marke) nach dessen Kauf nicht erfüllt werden. Das führt zum Konsumkater, der Käufer fühlt sich verarscht und kauft nicht wieder. Außerdem erzählt er seinen Freunden davon, so dass auch die dort nicht mehr kaufen.

Ich hoffe, meine Ideen sind einigermaßen schlüssig und nachvollziehbar. Wenn jemand anderer Meinung ist, bin ich sehr gespannt auf dessen Meinung.

6. Oktober 2006

Geschichten aus der Hochschule

von Nicolas Kittner

Heute Vormittag in der Vorlesung: der Dozent spricht von der richtigen Ansprache der Zielgruppen. Man solle versuchen, so viele Konsumenten wie möglich anzusprechen. Dazu müsse man den kleinsten gemeinsamen Nenner finden, nur so könne ein Produkt möglichst vielen Kunden “gefallen”. Die Alternative dazu sei ein hochspezialisiertes Produkt teuer anzubieten und somit weniger Absatz zu generieren. Ich sehe die Dinge etwas anders und so entstand eine recht hitzige Diskussion um Markenidentität.

Ich denke, dass globale Massenmarken langfristig nur überleben werden, wenn sie ihre Marke den vielen unterschiedlichen Zielgruppen anpassen. Menschen haben alle unterschiedliche Interessen und Vorlieben. Wenige Produkte erfüllen alle Voraussetzung, um uns zu hundert Prozent zu gefallen. Was also machen wir? Wir bauen uns unser eigenes Produkt. Das geschieht schon heute, indem herkömmliche Informationsmedien wie Zeitung und Fernsehen durch das Internet und dessen unendliche Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung der ultimativen Nachrichtenquelle durch Blogs, Feeds, YouTube, Google etc. abgelöst werden.

Es geschieht aber auch schon bei DER Marke schlechthin: Coca Cola. Neue Colas wie Afri, Fritzz oder Premium Cola kommen auf den Markt, die weniger süß sind oder mehr Koffein haben oder schlicht cooler sind als die alte Tante Coke. Und der ewige Rivale Pepsi? Der diversifiziert seine Produkte und setzt auf Ethnomarketing, das heißt er bringt ganz spezielle Produkte für ganz spezielle Zielgruppen heraus (Siehe hierzu auch Brand Eins 09/2006).

Das geht natürlich nur, wenn man begreift, was der Konsument wirklich will. Und dazu müssen Unternehmen endlich in den Dialog treten mit ihren Kunden. Denn: das Interesse ist groß den Konzernen zu erzählen, welche Produkte man endlich im Kühlschrank haben möchte. Gute Markenführung heißt heute daher nicht mehr ein weltbekanntes Brand zu schaffen, sondern es bedeutet viele authentische, nachgefragte und spezialisierte Marken zu kreieren, die sich ernsthaft mit dem Kunden beschäftigen.