18. Dezember 2007

Der Blumenladen

von Nicolas Kittner

Im Hamburger Schanzenviertel gibt es einen Blumenladen. Dieser Blumenladen besteht aus einem Verkaufsraum, der seine besten Tage vor sehr langer Zeit erlebt haben muss. Der Laden hat, glaube ich, nicht einmal einen Namen, und er hat nur geöffnet, wenn neue Blumen geliefert wurden. Dann sind die Amarylis, Tulpen und Lilien in etlichen Kartons gestapelt und werden in Bündeln zu je 5 am laufenden Band verkauft. Es gibt keine Sträusse, keine Auswahl, keine Beratung, sondern nur 3-4 unterschiedliche Blumenarten in vorgegebenen Mengen. Hört sich erstmal scheisse an.

Aber: vor dem Laden ist eine riesige Schlange, alle wollen diese Blumen. Ich auch. Und warum? Weil der Laden eine Marke ist. Alles zahlt auf die Marke ein (sowas können nur Werber sagen): der leicht verranzte Verkaufsraum, die handgeschriebenen Preisschilder, die gestapelten Kartons vom Großmarkt. Und diese Marke erzählt: hier gibt es günstige Blumen, direkt vom Großmarkt, hier ist es viel individueller, seine Blumen zu kaufen. Ob die Blumen dort wirklich günstiger sind, wusste ich anfangs nicht, aber die Marke schien mir so vertrauenswürdig, dass ich es nicht überprüft habe. Irgendwann sind alle Blumen verkauft. Dann hängt eine Schild im Fenster des kleinen Ladens auf dem steht (Zitat aus dem Gedächtnis): “Wir haben alle Blumen verkauft. Am Mittwoch gibt es neue Blumen.”

Dieser kleine Blumenladen hat, was viele große Marken niemals haben werden: eine glaubhafte Marke, eine ehrliche Kommunikation, eine sympathische Identität und das Vertrauen seiner Kunden.

4. Dezember 2007

Ich mag sowas

von Nicolas Kittner

Schöner als Steve von Crumpler kann ich es auch nicht sagen:
Hier etwas … sagen wir … eigenartiges.

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Das ganze Werk von den Crumpler-Kollegen aus Vietnam und andere spezielle Produktpräsentationen hier zum Download.

13. November 2007

Cool Brands

von Nicolas Kittner

Eine hochkarätige Jury aus Kreativen und Kommunikaitonsexperten hat unterschiedlichste Marken zu Cool Brands gekürt. In dem gleichnamigen Buch werden 61 davon vorgestellt, es ist der aktuellen Dazed & Confused beigelegt.

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Interessant ist dabei vor allem die Begründung, was ein “Cool Brand” ausmacht. Dafür wurden 6 Kriterien definiert, nach denen die Marken bewertet wurden:

1. Stil | 2. Innovation | 3. Originalität | 4. Authentizität | 5. Desirability (dafür gibt es wohl keine gute deutsche Übersetzung)| 6. Einzigartigkeit

Das sind sicher wichtige Eigenschaften. In Zeiten jedoch, in denen Marken mehr denn je in ihrer Wirkung maßgeblich von ihren Kunden und deren Gesprächen beeinflusst werden, gibt es zusätzliche relevante Kriterien:

1. Ehrlichkeit | 2. Tranparenz | 3. Mut zum Dialog

Unternehmen können ihre Markenidentiäten nicht in einem abgeschotteten System ausbrühten, um dann auf die Akzeptanz der Kunden zu hoffen. “Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!” funktioniert in der Marketing-Kommunikation nicht mehr. Vielmehr sind die Unternehmen in der Pflicht, ihre Kunden aktiv in die Gestaltung ihrer Marke mit einzubeziehen. So können sie zum einen die Kreativität und Kompetenz ihrer Kundengruppe nutzen, zum anderen geben sie ihren Marken-Evangelisten das Gefühl, ein Teil der Markenwelt zu werden.

30. November 2006

Die Marke im Kopf

von Nicolas Kittner

Vor einiger Zeit habe ich versucht, Marken und Produkte zu definieren und voneinander abzugrenzen. Dabei wurde deutlich, dass eine Marke ein theoretisches Konstrukt ist. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Fesstellung von adliterate:

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Martin Oetting sagt im aktuellen Werbeblogger Podcast etwas Ähnliches: “Der Kontrollverlust ist längst da…Gucken Sie mal heute bei YouTube oder Technorati, was da mit Ihrer Marke passiert - ist doch nicht so, dass Sie da Kontrolle drüber hätten.”

So ist es: die Kontrolle über die Marke liegt nicht in der Hand des Unternehmens, sondern in der Hand der Konsumenten. Unternehmen und ihre Agenturen haben lediglich die Möglichkeit die Bedingungen für eine positive Wahrnehmung der Marke zu verbessern. Das schaffen sie aber nicht indem sie ihre Kunden mit ein paar bunten Bildern und lustigen Sprüchen bombardieren. Vielmehr muss sich ein Unternehmen in den Dialog über seine Marke integrieren. Diese Gespräche finden statt im Internet mit seinen Blogs, Foren und Social Networks und sie finden statt in der Offline-Welt. Unternehmen müssen an diesen Gesprächen teilhaben. Sie müssen zuhören, verstehen, Antworten geben, sich der Kritik stellen, ehrlich sein aber vor allem müssen sie lernen, dass Kommunikation nicht nur in eine Richtung funktioniert; der Rezipient ist schon lange zum Sender geworden. In der zwischenmenschlichen Kommunikation sind das alles Grundregeln, ohne die wir nicht effektiv kommunizieren könnten. In der Werbung wurden sie vergessen, verdrängt und verlernt und müssen jetzt mühsam wieder erarbeitet werden.

Ed Wohlfahrt haben schon im September und Oktober über das Thema geschrieben.

10. November 2006

Marke vs. Produkt

von Nicolas Kittner

Heute in der Marketingvorlesung ist es mir das erste Mal aufgefallen: die Begriffe Marke und Produkt werden oft durcheinander gebracht.

Fangen wir also an mit Wikipedia. Das definiert: “Nach Kotler und Armstrong ist ein Produkt alles was in einem Markt zum Gebrauch oder Verbrauch angeboten werden kann, das einen Wunsch oder ein Bedürfnis befriedigt.” Und: “Eine Marke bezeichnet in diesem Zusammenhang die „selbstähnliche Reproduktion eines Musters“, wobei das Muster aus Werten, Farben, Symbolen, Sicherheitsaspekten und Prozessen besteht. Eine selbstähnliche Reproduktion stellt keine hundertprozentige Kopie dar, sondern kann variieren.”

Die Trennung ist also eigentlich deutlich: das Produkt ist etwas Konkretes, das auf einem Markt ein Bedürfnis befriedigt, eine Marke dagegen ein abstraktes Konstrukt, das auf einem sich wiederholendem Muster beruht. In unserer Konsumgesellschaft ist jedes Produkt auch eine Marke. Das Produkt stellt sich durch die Marke dar, indem es eine Identität schafft, die aus visuellen, emotionalen und kognitiven Elemten besteht.

Beispiel Apple: das Produkt sind Computer und Elektronikgeräte. Die Marke aber ist viel mehr. Sie ist eine Identität, die Attribute wie Qualität, einfache Bedienung und Sicherheit (kognitiv), Design (visuell), Luxus und Coolness (emotional) vereint. Die Marke vermittelt all diese Werte. Wir erkennen also das oben beschriebene Muster wieder, wenn wir einen Mac oder das Apfel-Logo sehen und assoziieren die Markenattribute mit dem Produkt.

Das Beispiel Apple ist ein positives, da ein gutes Produkt durch eine noch bessere Marke im Markt “vertreten” wird. Es gibt aber auch das Beispiel eines guten Produktes mit einer schwachen Marke. So ein Produkt ist zum Beispiel das Handelsblatt. Diese Tageszeitung ist qualitativ hochwertig, gut geschrieben und bietet umfassende Informationen aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen. Aber die Marke Handelsblatt represäntiert die hohe Produktqualität nicht ausreichend. Die Marke wird in Verbindung gebracht mit Attributen wie langweilig, trocken, alt und mäßig spannend (spreche da hauptsächlich für mich, aber ich weiß aus Gesprächen, dass es vielen Leuten in meinem Umfeld ähnlich geht). In diesem Fall liegt das Problem nicht am Produkt, denn das ist gut. Das Problem ist die Marke, also das “Muster aus Werten, Farben, Symbolen, Sicherheitsaspekten und Prozessen”. Dieses Muster müsste also mit neuen Attributen besetzt werden. Doch so eine Veränderung ist sehr kompliziert und langwierig, da das alte Muster gelernt ist und es sehr schwierig ist, es durch ein neues Muster zu ersetzen. Mann kann ein neues Logo entwickeln das Corporate Design hübscher machen, aber die Marke ist mehr als nur das. Denn vor allem die emotionalen Aspekte einer Marke laufen bei uns Kunden unterbewusst ab und somit nur sehr schwer zu beeinflussen.

Und schließlich gibt es noch eine dritte Gruppe: bei denen ist das Produkt schlecht, aber durch enorm hohe Kommunikationsintensität wird ein positives Markenbild erzeugt. Aber solche Produkte können nur eine begrenzte Zeit am Markt überleben, da die Diskrepanz zwischen Produktqualität und Markenidentität beim Konsumenten zur kognitiven Dissonanz führt (geiler Begriff), also Erwartungen an ein Produkt (erzeugt durch die Marke) nach dessen Kauf nicht erfüllt werden. Das führt zum Konsumkater, der Käufer fühlt sich verarscht und kauft nicht wieder. Außerdem erzählt er seinen Freunden davon, so dass auch die dort nicht mehr kaufen.

Ich hoffe, meine Ideen sind einigermaßen schlüssig und nachvollziehbar. Wenn jemand anderer Meinung ist, bin ich sehr gespannt auf dessen Meinung.

8. November 2006

Aufmerksamkeit durch … Nichts!

von Nicolas Kittner

Weniger ist mehr und Weiß ist das neue Schwarz. Doch hinter blöden Phrasen verbirgt sich oft eine Wahrheit. Der vielzitierte mediale Overload begegnet uns täglich auf der Straße, im Supermarkt oder im Fernsehen. Dabei versuchen Marken immer noch lauter zu schreien (auch visuell), um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Aber getreu dem Motto dieses Blogs bekommt in einer Welt, in der alle schreien, der die Aufmerksamkeit, der leise ist. Das führt in der visuellen Gestaltung konsequenterweise zu einer totalen Reduktion bis hin zum Verschwinden von Logos und visuellen Elementen. Marken kommunizieren also durch das Nichts. Dass diese Strategie aufgeht, zeigen einige Beispiele:

Delete! ist eine Kunstaktion von Christoph Steinbrenner Rainer Dempf, in der für 14 Tage alle Logos und Werbeanzeigen in der Wiener Neubaugasse verhüllt wurden.

Das prämierte 5,0 Bier beweist, dass Reduktion als Gestaltungsmittel sehr gut funktionieren kann. Gefunden beim trnd Blog.

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Das Waschmittel Tide zeigt, wie weiß es wäscht. Schon erstaunlich, wie sehr weiße Flaschen im Supermarktregal auffallen. Gefunden bei Marketing Alternatif.

6. November 2006

…und ein bisschen Bank.

von Nicolas Kittner

Wir alle haben ein Konto bei der Bank. Den überwiegenden Teil unserer Finanzgeschäfte erledigen wir vom heimischen Computer aus oder an stummen Automaten. Aber manchmal muss man doch in die Bank, um mit echten Bank-Menschen über Geld zu sprechen. Und genau hier liegt das Problem: wir müssen, wir wollen nicht. Eine Bank ist kein netter Ort, der zum verweilen oder stöbern einlädt. Aber Banken versuchen genauso wie der teure Bekleidungsladen Produkte zu verkaufen. Darum wäre es doch nur naheliegend, eine Bank so zu gestalten, dass man gerne dorthin geht und gerne neue Bankprodukte kauft. Die Bank als Shopping und Lifestyle Erlebnis.

Kann doch so schwer nicht sein, dachte sich die Designagentur ZIBA und machte aus der bis dahin unauffälligen einen Ort, der sich als Mischung aus Design Hotel, edler Boutique und ein bisschen Bank definiert. In so einer Bank würde ich jede Woche ein neues Depot eröffnen, nur um wieder mal vorbei zu schauen. Das ist für mich Markenentwicklung auf ganz hohem Niveau. Und es zeigt einmal mehr, dass Design ein entscheidender Faktor in der Markenkommunikation ist.